Erwerbstätige haben stets mehr Geld zum Leben als Hartz-IV-Empfänger. Zu diesem Schluss kam der Paritätische Wohlfahrtsverband, der das Lohnabstandsgebot von Arbeitnehmern und Arbeitslosen berechnet hat. Nach der Untersuchung haben selbst Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor mit einer Vollzeitbeschäftigung ein höheres Einkommen als ein Hartz-IV-Empfänger.
Außerdem forderte der Paritätische Wohlfahrtsverband eine Mindesteinkommensgrenze für den Kinderzuschlag abzuschaffen, um insbesondere Familien mit geringem Einkommen zu entlasten. Damit könnten bis zu 600 000 Kinder aus dem Hartz-IV-Bezug herausfallen.
Der Verband präsentierte am Montag, den 1. März, insgesamt 196 Fallberechnungen, in denen er das Haushaltseinkommen im Niedriglohnsektor untersuchte. Dabei ging der Verband von einer Vollzeitstelle mit einem Bruttostundenlohn von 5,90 Euro aus. Das Ergebnis sei eindeutig, so Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider: „Wer arbeitet, hat stets mehr“. Der Einkommensabstand zwischen Erwerbstätigen und Arbeitslosen habe mindestens 260 Euro betragen. Der größte ermittelte Lohnabstand lag bei etwa 900 Euro. Den niedrigsten Einkommensunterschied stellte der Verband bei Paaren ohne Kinder fest; am meisten profitierten Alleinstehende von der Arbeit.
Ulrich Schneider kritisierte deutlich die von FDP-Chef Guido Westerwelle angestoßene Sozialstaat-Debatte. Der Minister hatte bemängelt, dass Hartz-IV-Empfänger ein höheres Einkommen haben, als so mancher Arbeitende im Niedriglohnsektor. Westerwelle berufe sich allerdings auf eine fehlerhafte Untersuchung vom Karl-Bräuer-Institut des Bundes für Steuerzahler, die wesentliche Faktoren außer Acht ließe, so der Hauptgeschäftsführer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Das Institut übersehe, dass Erwerbstätige mit niedrigem Gehalt ihr Einkommen mit Wohngeld und Kinderzuschlag aufstocken können, ohne Hartz-IV zu beziehen.
Die Studie geht in einem Fallbeispiel von einem verheirateten Alleinverdiener mit zwei Kindern aus, der über ein Bruttoeinkommen von 1 375 Euro verfügte. Die Familie hätte laut Berechnung mit Hartz-IV 278 Euro mehr zum Leben. Solche Zahlenbeispiele seien dubios, kritisierte Schneider. Das Einkommen betrage nach Berechnung des Wohlfahrtsverbandes mit allen staatlichen Zulagen und Zuschüssen 1 925 Euro – damit habe die Familie über 500 Euro mehr Geld zur Verfügung. Auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft lasse Zahlen zum Einkommen bei ihren Untersuchungen außen vor und suggerierte, dass Hartz-IV-Empfänger ein höheres Einkommen hätten als Geringverdiener. |